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Sylvia Stöbe
arnold bode
Künstler, Visionär und ganz privat:

Sylvia Stöbe zeigt den Begründer der documenta Arnold Bode in ihrer Biografie als Maler, Dozent,

Städtebauvisonär und Familienmensch.

Die Weltkunstausstellung documenta eröffnet 2022 ihre 15. Ausgabe in Kassel. Doch während Arnold Bode als Initiator der documenta seit 1955 stets präsent war, blieben sein privates Leben und seine Arbeit als Maler, Dozent und Raumkünstler weniger bekannt. Sylvia Stöbe, Privatdozentin an der Uni Kassel und Organisatorin des Architektursalon Kassel hat mit ihrem im euregioverlag erschienenen Buch Arnold Bode - Künstler und Visionär, Begründer der documenta - eine Biografie eine Lücke geschlossen.
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Die Weltkunstausstellung documenta eröffnet 2022 ihre 15. Ausgabe in Kassel. Doch während Arnold Bode als Initiator der documenta seit 1955 stets präsent war, blieben sein privates Leben und seine Arbeit als Maler, Dozent und Raumkünstler weniger bekannt. Sylvia Stöbe, Privatdozentin an der Uni Kassel und Organisatorin des Architektursalon Kassel hat mit ihrem im euregioverlag erschienenen Buch Arnold Bode - Künstler und Visionär, Begründer der documenta - eine Biografie eine Lücke geschlossen.



1955 realisierte Arnold Bode die erste documenta. Als Überschau, als „Dokumentation“ der Kunst des 20. Jahrhunderts gedacht, sollte sie ein beispielloser Erfolg werden und bis heute Kunstinteressierte aus der ganzen Welt nach Kassel ziehen. Arnold Bode träumte früh von einer internationalen großen Kunstausstellung. Auch aus politischen Gründen. Den Sozialdemokraten interessierte, was junge Menschen über den Nationalsozialismus dachten, er diskutierte und feilte mit Freunden und Kollegen an der Ausstellungsidee.



1954 suchte Bode dann den Kunsthistoriker Werner Haftmann in Venedig auf, neben Arnold Bode mitverantwortlich für die ersten Documenta-Ausstellungen. Umso spektakulärer sind aktuelle Enthüllungen über Haftmanns Nazi-Vergangenheit; laut aktueller Forschung war er Mitglied der SA und an Folterverhören beteiligt. Unter dem Titel „documenta. Politik und Kunst“ werden im Deutschen Historischen Museum derzeit entsprechend NS-Biografien im Umfeld der documenta-Gründung diskutiert. Arnold Bode selbst freilich war als Sozialdemokrat von 1933 an aus Beruf und Ämtern gedrängt worden, als Maler galt er den Nazis als „entartet“.



Bode blieb bis zur vierten documenta 1968 für die Ausstellung verantwortlich; beschäftigt hat sie ihn sein Leben lang. Am 23.12.1900 in Kassel geboren, starb Bode dort am 3. Oktober 1977. Neben Abschnitten um Entstehung und die Anfangsjahre der documenta machen die guten Kontakte zur Familie Sylvia Stöbes Buch zu einer Fundgrube: für die vielfältigen beruflichen und künstlerischen Aktivitäten Bodes und sein Leben in Familie und Freundeskreis. Die Autorin forschte viele Jahre über Arnold Bodes Bruder, den Architekten Paul Bode. Arnolds Neffe Thomas Bode wiederum hat die Arbeit an der Biografie initiiert. Arnold Bode hatte sich nach dem frühen Tod seines jüngsten Bruders intensiv um seinen Neffen Thomas gekümmert.
Inhalt
Geleitwort

Die documenta, das Forum der globalen Kunstgemeinde, beheimatet in Kassel, einer 200.000er Stadt in der nordhessischen Provinz, ein Weltwunder. Gegründet 1955 von Arnold Bode, einem Kasseler

Bürger, und seinem Freundeskreis.



Wer war Arnold Bode? Eine Biografie gab es sonderbarer Weise bisher nicht, dies ist die erste. Als junger Kommunalpolitiker hatte ich von 1970 bis zu seinem Tod 1977 viel mit Arnold Bode zu tun. Deshalb bin ich um ein Vorwort gebeten worden, deshalb will ich ein bisschen über Begegnungen mit Arnold Bode berichten.



Arnold Bode war ein kleiner Mann, wohl nicht einmal 1,65 groß. Wenn man hinter ihm herfuhr, er besaß auch mal das revolutionärste Auto der 1950er / 60er Jahre, einen Citroen DS, glaubte man, man habe ein fahrerloses Auto vor sich.



Aber kleine Männer haben manchmal eine unglaublich große Energie. Die brauchen sie auch schon, wenn sie nicht ständig übersehen werden wollen. Arnold Bode hatte eine solche Energie und einen sehr großen Lästigkeitsfaktor. Wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, gab er nicht auf, auch wenn die Widerstände noch so groß waren, man mehrmals schon „Nein“ gesagt hatte. So war er zum Schrecken des Kasseler Rathauses geworden.



Und so kam es zu unserer ersten Begegnung, spät 1970 oder früh 1971. Ich war gerade zum Vorsitzenden der SPD-Mehrheitsfraktion in der Kasseler Stadtverordnetenversammlung gewählt worden. Dr. Karl Branner, unser damaliger Oberbürgermeister, rief mich an: „Arnold Bode ist im Anmarsch, ich habe einen Auswärtstermin, kannst Du nicht mit Arnold Bode reden?“ Es war das erste von vielen Treffen, die einen eher ratlos und traurig machten. Nach der documenta 4 hatte Harald Szeemann, der junge Generalsekretär der documenta 5, Arnold Bode den Stuhl vor die Tür gestellt, die documenta von ihrem Begründer und Übervater emanzipiert. Das konnte Arnold Bode nicht ertragen. Seitdem kämpfte er mit aller Energie, mit allen Emotionen, mit immer neuen Vorschlägen um seinen Einfluss, um seine Teilnahme an dem Projekt documenta, diesmal ohne Erfolg in all den kommenden Jahren bis zu seinem Tod.



Arnold Bode war sein Leben lang unglaublich neugierig und er sprühte vor neuen Ideen. Wenn er einen Raum betrat, der ihm – ein großer Ästhet – nicht gefiel, begann er im Kopf sogleich, ihn umzubauen.

Auch Kassel baute er immer wieder um, dabei dachte er nie klein.



Klein dachte er auch nicht bei der documenta. Den Weg ihrer Globalisierung sah er schon Anfang der 1970er Jahre voraus; von Kassel ging sie aus, aber für die Welt war sie geschaffen, genauer für die

Künstlerinnen und Künstler der Welt, für die Kunst der Welt. Dabei fasst er den Begriff der Kunst und des Künstlers sehr weit. Die ständigen Grenzüberschreitungen, Charakteristika der documenta, waren in seinem Denken angelegt.



Wer groß denkt, braucht viel Geld, damit seine Visionen Wirklichkeit werden können. Und Arnold Bode brauchte viel Geld.



Arnold Bode war ein geselliger Mensch. Seine Ideen entwickelte er in langen, intensiven Gesprächen mit vielen Freunden. Und an sehr vielen Abenden hatte er Freunde bei sich zu Hause. Marlou, seine elsässische Frau, noch kleiner als er, lebenslustig wie er, kochte wunderbar. Als ich das erste Mal bei Bodes eingeladen war, begrüßte sie mich: „Na, Du kleines Scheißerchen (ich war gerade 30), was willst Du denn hier?“ Das war der Ritterschlag. Gastlich also und hochprozentig ging´s her. Das wusste – leicht übertrieben – ganz Kassel.



Und so galt Arnold Bode als Verschwender. Aber das war er nicht. Er gehörte nur – wie viele Künstler – zu den Menschen, die meinten, ihre Pläne, ihre Visionen, ihre Obsessionen seien so wichtig, dafür müsse das Geld einfach da sein, ohne weitere Diskussion. Dabei hatte er selbst von Geld keinen Begriff.



Es war in den frühen 1970er Jahren. Arnold Bode hatte die Vorsitzenden der drei Stadtverordnetenfraktionen, (SPD, CDU, FDP), zum Mittagessen ins Schlösschen Schönfeld eingeladen. Er wollte uns erklären, wie die chronisch unterfinanzierte documenta zu Geld kommen könne. Er schlug vor, die nächste Ausstellung auch in Philadelphia zur Zweihundertjahrfeier der USA zu zeigen. Dafür würden die Amerikaner vier Millionen überweisen. Auf meine Frage: „DMark oder Dollar?“ (ein Dollar war damals ca. 3,50 D-Mark wert*) stutzte Arnold Bode kurz, ganz konsterniert, dann seine Antwort: „Weiß ich nicht.“ Das war wieder so eine Aktion, die ihn zurück ins documenta-Geschehen bringen sollte. Er hoffte, wenn er Geld für die documenta brachte, könnte er wieder dabei sein. Aber diese Möglichkeit zerschlug sich.



Und dann das Oktogon-Projekt: Das war Arnold Bodes letzter großer Versuch, wenigstens noch eine Abteilung in der documenta gestalten zu können. Aber auch diese Tür blieb verschlossen.



1975, an seinem 75. Geburtstag, richtete der Kunstverein ein großes Fest für Arnold Bode aus, viele documenta-Künstler schenkten ihm Kunstwerke, die später den Grundstock für die Bode-Stiftung bildeten.

Ich, gerade neu im Amt des Oberbürgermeisters, verlieh ihm den Wappenring der Stadt Kassel, die zweithöchste Auszeichnung, die wir zu vergeben hatten und selten vergaben. Es hätte die

Ehrenbürgerschaft sein müssen, wenn man das Wunder betrachtet, das es ohne ihn nicht gegeben hätte. Aber damals hatte ich nicht den Mut, das vorzuschlagen und ich hätte auch keine Chance gehabt, das in der Stadtverordnetenversammlung durchzusetzen. Wenigstens haben wir anschließend mit der Bode-Stiftung durch Zustiftungen der Stadt und der Sparkasse das Haus für Arnold und Marlou Bode und ihren Lebensunterhalt gesichert.



Am Tage nach Ende der documenta 6, am 3. Oktober 1977, starb Arnold Bode. Ohne ihn hätte es die documenta nie gegeben, mit ihm aber hatte sie seit der documenta 5 auch nichts mehr zu tun. Das Versöhnliche: Die documenta ist so groß, so global, so bedeutend für die Kunst und die Künstlerinnen und Künstler der ganzen Welt geworden, wie er es vorausgedacht hat. Und wir wissen es und schätzen es.

Hans Eichel, April 2021
Vorwort
Arnold Bode ist der Kunstwelt als geistiger Vater und Initiator der documenta-Kunstausstellung bekannt, die seit 1955 in Kassel stattfindet. Anfangs im Abstand von vier Jahren (d1, d2 und d4) mit Ausnahme

der dritten documenta. 1964 (d3) und danach (ab d5) etablierte sich die documenta alle fünf Jahre für 100 Tage in Kassel. Die Stadt mit heute ungefähr 200.000 Einwohnern wird dann zu einer Metropole der Kunstwelt. Sie bezeichnet sich seit 1999 selbstbewusst auf ihren Ortsschildern mit dem Titel „documenta-Stadt“. Einige der in den documenta-Ausstellungen präsentierten Kunstwerke wurden angekauft und prägen heute das Stadtbild Kassels.



In den 50er Jahren stand die Stadtbevölkerung der documenta noch eher skeptisch gegenüber und erwärmte sich nur vorsichtig für die diese. Die Empathie der Kasseler nahm zu, je mehr die documenta-

Ausstellungen ein internationales Interesse fanden, je mehr auswärtige Besucher die Stadt bevölkerten, je mehr sich die documenta alle fünf Jahre im Stadtgebiet ausbreitete, je mehr open-air-Kunst und open-air-Gastronomie für munteres urbanes Leben sorgten. Durch die besondere Fähigkeit Arnold Bodes, Kontakte zu knüpfen und beharrlich für die Umsetzung seiner Ideen zu werben, erlangte er die nötige Aufmerksamkeit und die finanziellen Mittel für seine Pläne zur Kunstausstellung documenta und fand die wichtige politische Unterstützung der damaligen Oberbürgermeister Dr. Lauritz Lauritzen und Hans Eichel. Die Stadt weiß heute, was sie ihrem großen Sohn verdankt und hat ihn in vielfältiger Weise geehrt. Ein großes Berufsschulzentrum trägt heute seinen Namen, eine Straße am Standort der Universität Kassel ist nach ihm benannt und alle zwei Jahre wird an einen namhaften Künstler im Kasseler Kunstverein der

Arnold-Bode-Preis verliehen, dessen Preisgeld von 10.000 EUR aus der Arnold-Bode-Stiftung generiert wird.



In den 65 Jahren, die seit der ersten documenta vergangen sind, erschienen zahlreiche Publikationen über die mittlerweile 14 documenta-Ausstellungen, vom wissenschaftlichen Essay und Sammelband über Video und Bildband bis Reportage, von Verriss bis Lobrede in unterschiedlichen Medien weltweit. Aus Anlass jeder neuen Ausstellung – zuletzt im Jahr 2017 – gibt es in der überregionalen Presse und in verschiedenen TV Medien neben den Kritiken auch Würdigungen der Person Arnold Bode als Initiator und „Antreiber“ dieser inzwischen weltweit bedeutendsten Ausstellung von aktueller Kunst.



Trotz aller Ehren und Würdigungen Arnold Bodes gibt es bisher immer noch keine umfassende Biografie, die Aufschluss gibt über diese vielseitige, geniale und kreative Person, keine Schilderung seiner

familiären Herkunft, seiner Ausbildung, seiner Tätigkeit als Maler und Dozent, seiner Lehrtätigkeit an der Werkakademie, der Tätigkeit als Ausstellungsmacher und Designer, seiner Ideen zur Stadtgestaltung

Kassels. Arnold Bode hat nicht nur die documenta-Ausstellungen – zumindest bis 1964 – entscheidend geprägt, sondern auch immer wieder Vorschläge für die Umgestaltung Kassels gemacht. Mein Vater, Egon Bode (1900–1954), war der jüngste Bruder von Arnold Bode. Nach dem frühen Tod meines Vaters hat sich mein Onkel Arnold sehr intensiv um mich gekümmert und in seine Familie einbezogen. Unser enger Kontakt mit regelmäßigen Besuchen bestand bis zu seinem Tod 1977 und hat sich mit seinen Kindern

und Enkelkindern bis heute fortgesetzt. In meiner Erinnerung lebt mein Onkel als großartiger Mensch bis heute.



Frau Sylvia Stöbe, die schon über den jüngeren Bruder, den Architekten Paul Bode (1903–1978) Einblick in die Familienstruktur „Bode“ bekommen hatte, hat sich dieser nicht einfachen Aufgabe, eine Biografie über Arnold Bode zu schreiben, gestellt. Durch viele Recherchen und Gespräche hat sie eine aus meiner Sicht runde Biografie meines Onkels vorgelegt. Dafür vielen Dank! Ich danke auch Hans Eichel, ein guter Freund meines Onkels und ein engagierter Förderer der documenta.

Ich wünsche den Lesern viel Spaß bei der Lektüre.

Thomas Bode, Juli 2021
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