Willkommen im

Euregioverlag - Kassel & Region, Kunst & Kultur
Zurück

Linnebach, Andrea (Hg.)
Der Münchhausen-Autor Rudolf Erich Raspe
Wissenschaft, Kunst, Abenteuer



Andrea Linnebach, Hg.



Mit Beiträgen von Hartmut Broszinski, Peter Gercke, William W. Hallo, Andrea Linnebach, Eberhard Mey, Susanne Scheerer, Wolfdietrich Schmied-Kowarzik, Ulrich Schnakenberg, Friedrich Frhr. Waitz von Eschen und Bernhard Wiebel



Umfang: 164 Seiten mit vielen farbigen Abbildungen

Fadenheftung . 4-farbig . Hardcover



euregioverlag 2005

ISBN 978-3-933617-23-1



Ein reich illustrierter Aufsatzband würdigt jetzt den vielseitig begabten Professor aus Kassel, der sich 1775 Hals über Kopf nach England absetzen musste.
Preis: 20.00 €
(Preis inkl. Mehrwertsteuer zzgl. Versandkosten)
In den Warenkorb
Fenster schließen
Rezensionen
„Der Ghostwriter: Rudolf Erich Raspe – Gelehrter, Hochstapler, Münchhausen-Erfinder. Von Münchhausens Ritt auf der Kanonenkugel weiß jedes Kind. Weniger bekannt ist, dass nicht Gottfried August Bürger in Göttingen, sondern Rudolf Erich Raspe in Cornwall und London den legendären Lügenbaron fand und erfand. ... Ein reich illustrierter Aufsatzband würdigt jetzt den vielseitig begabten Professor aus Kassel, der sich 1775 Hals über Kopf nach England absetzen musste. Dummerweise hatte er die Münzsammlung des Landgrafen so akkurat katalogisiert, dass seine schamlosen Diebstähle aufflogen. ... Diese Facetten des so talentierten wie hochstaplerischen Aufklärers dokumentiert der Band in anregenden Beiträgen. Ein Verzeichnis der Korrespondenz Raspes mit fast zweihundert Zeitgenossen lässt ahnen, dass die Erschließung manche Überraschung bieten könnte.“

(Alexander Kosenina in der Süddeutschen Zeitung vom 07.01.2006)
Mehr Infos
Rudolf Erich Raspe (1736–1794) war ein Universalgelehrter von internationalem Rang – sei es in seiner Bedeutung als ‚erster Vulkanist’ (Goethe über Raspe), als Entdecker unbekannter

Leibniz-Schriften, als Pionier mittelalterlicher Quellenforschung oder als Visionär eines kulturgeschichtlichen Museums. In England schuf er mit den von ihm anonym publizierten Münchausen-

Erzählungen eine der berühmtesten Figuren der Weltliteratur. Selbst heute weitgehend unbekannt, gilt es, Raspe als eine der schillerndsten und faszinierendsten Persönlichkeiten der Aufklärungszeit

wiederzuentdecken.
Inhalt
Vorworte

Klaus Lukas, Andrea Linnebach



Der Fall Raspe

Andrea Linnebach



Zeittafel – Raspe, Regenten und Revolutionen

Bernhard Wiebel



Vom Herkules bis zu den 7000 Eichen von Joseph Beuys – Raspe und die nordhessische Geologie

Friedrich Frhr. Waitz von Eschen



Raspe und die Anfänge der industriellen Revolution in Großbritannien

Ulrich Schnakenberg



Ein Fund von weltgeschichtlicher Bedeutung – Raspes Edition von Leibniz´ Nouveaux Essais

Wolfdietrich Schmied-Kowarzik



Der Antiquarius Rudolf Erich Raspe

Peter Gercke



Rudolf Erich Raspe aus assyriologischer Sicht

William W. Hallo



Die Gotik im Museum der Aufklärung – Raspes Aufbruch zu einer modernen Kunst- und Kulturgeschichte

Andrea Linnebach



Rudolf Erich Raspe als Professor am Collegium Carolinum

Eberhard Mey



Der Casselsche Zuschauer von Rudolf Erich Raspe - eine publizistische Kostbarkeit

Susanne Scheerer



Raspes Münchhausen lügt nicht – oder: Munchausen on German Volcano

Bernhard Wiebel



„Hochzuverehrender Herr Rath...“ Briefe an und von Rudolf Erich Raspe 1756-1775

Hartmut Broszinski



Der Briefwechsel Raspes in der alten Kasseler Landesbibliothek

Hartmut Broszinski



Literatur- und Abkürzungsverzeichnis – mit kommentierter Bibliographie von Raspes wichtigsten Schriften

Bernhard Wiebel



Hinweise zu den Autorinnen und Autoren

Vorwort
Über viele Jahre wurde die Geschichtsschreibung neben Georg Forster und Johann Gottfried Seume mit Rudolf Erich Raspe einem weiteren Vordenker aus dem 18. Jahrhunderts nicht gerecht. Der ehemalige Kasseler Professor Forster wurde in Mainz Mitglied des Jakobinerklubs. Danach war sein Ansehen ebenso wie bei dem Schriftsteller Seume, der als hessischer Soldat nach Amerika verschifft wurde, wegen der Parteinahme für die Französische Revolution dauerhaft beschädigt. Der überführte Münzdieb Raspe wurde nach seiner Flucht aus Kassel totgeschwiegen.



Es ist daher besonders verdienstvoll, das Werk des großen Universalisten Rudolf Erich Raspe eingehend zu würdigen. Gleichwohl wird er auch im vorliegenden Band vom Vorwurf des Leichtsinns in Geldfragen nicht befreit werden können. Diese Schuld tritt aber weit zurück angesichts der Erzählungen des Barons Münchhausen, mit denen sich Raspe in das Buch der Weltliteratur eingeschrieben hat.



Dr. Andrea Linnebach ist es zu danken, dass sie die Würdigung seiner Person und seines Schaffens unternommen hat. Durch Reisen bis nach Irland und zu vielen Archiven schuf die Herausgeberin die Voraussetzungen für einen fundierten Sammelband. Damit wird nicht nur zur überfälligen Rehabilitierung eines großen Kasselers beigetragen, sondern auch ein prägendes Kapitel der Wissenschafts- und Ideengeschichte unserer Region aufgearbeitet. Allein in seinen sieben Kasseler Jahren setzte Raspe als Professor, Kustos und Bibliothekar bis heute nachwirkende Akzente.



Wir danken zugleich den Autoren für ihre Beiträge, die uns die Vielseitigkeit dieses Forschers und Literaten nahe bringen. Es ist dabei anzumerken, dass die Fülle des erarbeiteten Materials nicht insgesamt ausgebreitet werden konnte, was aufgrund des rastlosen Schaffens Raspes auch nicht verwundert. Dies mag Anstoß und Herausforderung für die Kasseler Geschichtsforschung sein, eine fortdauernde Raspeforschung zu etablieren.



Wir dürfen hoffen, mit der Förderung dieses Buches in der Reihe Die Region trifft sich – Die Region erinnert sich gerade dazu eine Anregung zu geben.



Dr. Klaus Lukas

Vorsitzender des Vorstands

der Kasseler Sparkasse

Leseproben
Die Gotik im Museum der Aufklärung – Raspes Aufbruch zu einer modernen Kunst- und Kulturgeschichte



Andrea Linnebach



Münchhausens Krokodil oder: „Raritäten-Kram für Narren“



Als Baron Münchhausen von seiner Ceylon-Reise nach Holland zurückkehrt, kommt er nicht mit leeren Händen. Aus dem Fell des Löwen, der ihn beinahe gefressen hätte, ließ er Tabaksbeutel anfertigen; das Krokodil aber, das unseren Helden gleichfalls verspeisen wollte, in dessen Maul aber just der Löwe gelandet war, kommt nach seinem Erstickungstod im Löwendickschädel zu höheren Ehren: seine Haut „wurde auf die gewöhnliche Art ausgestopft, und macht nun eine der größten Merkwürdigkeiten in dem Museum zu Amsterdam aus, wo der Vorzeiger die ganze Geschichte jedem, den er herumführet, erzählt.“ Dass dieser „exhibitor“ zu dem Krokodil als „capital article“ des Museums (so die Bezeichnungen in Raspes englischer Fassung) noch Geschichten hinzuerfindet, empört den Baron zutiefst: „Leute, die mich nicht kennen, werden durch dergleichen handgreifliche Lügen... leicht veranlaßt, selbst in die Wahrheit meiner wirklichen Taten ein Mißtrauen zu setzen, was einen Kavalier von Ehre im höchsten Grade kränkt und beleidigt.“

Raspe erzählt diese Geschichte in seiner fünften Munchausen-Ausgabe von 1787. Er versetzt darin den Jäger Münchhausen in den Kontext des Sammlers. Und er führt mitten hinein in den musealen Arbeitsbereich, den Raspe, als er höchstpersönlich noch als „Kavalier von Ehre“ galt, selbst ausfüllte, nämlich als Kustos der landgräflichen Sammlungen in Kassel von 1767 bis 1775. In diesem kleinen Passus finden sich tatsächlich – eingedenk der fiktionalen und satirischen Ebene des Erzählten – gleich vier Aufgaben eines Museumsmannes angesprochen: die Sammlungserweiterung oder Akquisition (das Krokodil als neues Objekt), die Objektpflege oder Präparation („auf die gewöhnliche Weise ausgestopft“), die Präsentation („eine der größten Merkwürdigkeiten“ des Museums) und die Besucherbetreuung, oder, wie man heute sagen würde, die Museumspädagogik (Führung der Besucher mit Erläuterungen zu den Objekten). Wie anspielungsreich diese wenigen Zeilen sind, erschließt sich freilich erst beim genaueren Blick auf Raspes eigene Kustodentätigkeit in Kassel.

Im Jahr 1767, als Raspe seinen Dienst in Kassel antrat, erschien F. Ch. Schminckes Beschreibung der Hochfürstlich-Hessischen Residenz- und Hauptstadt Cassel. Hier findet sich eine ausführliche Schilderung der von Raspe zu betreuenden Sammlungen im „Kunsthaus“, zu dem das Ottoneum seit 1696 diente. Zimmer für Zimmer führt Schmincke durch den „ungemeine(n) Vorrath sowol natürlicher als künstlicher Seltenheiten an Schildereyen, Bildhauerarbeit, Münzen, Alterthümern, auch mathematischen und physikalischen Raritäten, welche in besondern Zimmern und Schränken in bester Ordnung aufbehalten werden“. Vom Erdgeschoss mit „Stein- und Sculpturzimmer“ und „Mineralienzimmer“ über den ersten Stock mit mehreren Räumen für verschiedene „Alterthümer“ geht der Rundgang weiter ins zweite Stockwerk, wo vor allem „naturalia“ zu finden sind. Bei der „Anatomiekammer“ erwähnt Schmincke auch zwei Krokodile, ein kleines und ein „großer indianischer Krokodill“, in bunter Gesellschaft von chirurgischen Instrumenten, Wachteln mit vier Beinen, Schwertern von Schwertfischen, zahlreichen Missgeburten in „Spiritusvini“ und dazu auch noch vier Menschenkörper, zwei ausgestopfte, zwei „ausgedörrete“, welche „indianische Sandmumien genennet werden“.

Aus Anlass der im gleichen Jahr 1767 erfolgten Wiedereinweihung des erneuerten Collegium Carolinum, das seit seiner Gründung 1709 ebenfalls im Ottoneum untergebracht war und dem die Sammlungen auch zu Lehrzwecken dienen sollten, waren die Objekte teilweise neu präsentiert worden – wenn auch eine grundlegende Neuordnung gegenüber dem Zustand um 1700 unterblieb. So nannte Schmincke einen der neueingerichteten Räume notgedrungen in der Überschrift ein „Zimmer, worinnen ausgestopfte Thiere, alte Kleidertrachten, Gläser und Gewehr, auch musicalische Instrumente aufbewahret werden.“

ADMINPANEL
Benutzername   
Passwort