mit Beiträgen von Hartmut Broszinski, Hans Joachim Schaefer und Manfred Schumann.
Mit einem Vorwort von Klaus Lukas und Hans Krollmann
Umfang: 208 Seiten durchgängig vierfarbig, Fadenheftung
euregioverlag 2001
ISBN: 978-3-933617-10-1
500 Jahre Orchesterkultur in Kassel, das ist nicht nur die erzählte Geschichte des Kasseler Orchesters von der einstigen Hofkapelle bis heute, sondern außerdem eine Schilderung des Engagements der Orchestermusiker in der Kasseler Kirchen- und Kammermusik.
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Schaefer, Hans Joachim u. a.
500 Jahre Orchesterkultur in Kassel 1502-2002
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Das Kasseler Orchester feiert in dieser Spielzeit sein 500-jähriges Bestehen. Das ist zum einen rekordverdächtig in Deutschland, zum anderen verbirgt sich dahinter auch ein halbes Jahrtausend wechselvoller, hoch ambitionierter städtischer Kulturgeschichte.
Beides, die Geschichte des mutmaßlich ältesten instrumentalen Klangkörpers in Deutschland wie auch die damit eng verbundene Entwicklung der städtischen Musikkultur, findet sich in dem Band "500 Jahre Orchesterkultur in Kassel" gespiegelt, der jetzt in Autoren-Teamarbeit und mit Unterstützung der Kasseler Sparkasse im euregioverlag erschienen ist.
Von den ersten dokumentarischen Erwähnungen der landgräflichen Hofkapelle im Jahre 1502 bis zum modernen Sinfonieorchester zu Beginn des 21. Jahrhunderts zeichnet der langjährige Chefdramaturg des Staatstheaters, Dr. Hans Joachim Schaefer, im ersten Teil die wechselvolle Geschichte der Kasseler Musikinstitution und legt dabei einen Schwerpunkt auf die Jahrzehnte nach dem 2. Weltkrieg. Es ist die Zeit, als das Staatstheater Kassel mit bedeutenden Inszenierungen (von Melchinger bis Mussbach) und großen Dirigenten (von Christoph von Dohnanyi über Gerd Albrecht bis Adam Fischer) von sich reden macht. Doch was sich in der Rückschau als beeindruckende Bilanz städtischer Musikkultur liest, wird auch in seiner Labilität gezeigt, stets von Kürzungswellen bedroht.
Hans Krollmann, der als Vorsitzender des Vereins "Bürger Pro A" wesentlichen Anteil daran hat, dass dem Orchester in den 90er-Jahren der A-Status erhalten blieb, war denn auch der Initiator des Buches, das neben der eigentlichen Geschichte des Orchesters auch dessen Bedeutung für das gesamte städtische Musikleben anschaulich macht.
Kaum ein anderes Orchester hat so viele Kammermusikformationen hervorgebracht wie das Kasseler, und das ausgeprägte Engagement von Orchestermusikern in der Kammermusik, aber auch in der Kirchenmusik, hat Prof. Dr. Hartmut Broszinski in zwei ausführlichen und reich illustrierten Beiträgen dokumentiert. Manfred Schumann, Cellist des Staatsorchesters, hat darüber hinaus Besetzungslisten des Orchesters aus verschiedenen Zeiten zusammengetragen, die nicht nur die jeweilige Ensemblestärke, sondern auch das sich entwickelnde Instrumentarium widerspiegeln und wertvolle Hinweise auf die jeweiligen Aufführungsspraktiken geben. Wer sich für die Kasseler Orchestergeschichte interessiert, findet in dem von Karl Oskar Blase gestalteten Band reiches Material, bei dessen Erschließung allerdings ein Register gute Dienste geleistet hätte." (Werner Fritsch in der HNA vom 22.12.2001)
"Kaum ein Fest ohne Festschrift. So auch beim Jubiläum des Kasseler Orchesters. Ein üppiges Buch ist es geworden, das freilich gar nicht erst den Anspruch erhebt in toto darzustellen, was Orchesterkultur in einer mittleren deutschen Großstadt war und ist. Natürlich steht am Anfang der Blick zurück. Nicht weniger als 80 Seiten wurden eingeräumt, um nacherzählend aus den Anfängen der Kasseler Orchesterhistorie bis in die Gegenwart zu führen. Wer könnte so etwas besser als Hans Joachim Schaefer, der schreibt, als habe er das Orchester die ganzen 500 Jahre begleitet und nicht nur 39 Jahre als Dramaturg und Chefdramaturg. Aus seiner Beschreibung spricht ein unglaublicher Kenntnisreichtum, der den Artikel, der gut und gerne auch ein Taschenbuch füllen würde, auf lange Zeit zum Standard machen wird.
Im zweiten Beitrag erzählt Hartmut Broszinski das Auf und Ab der Kammermusikensembles, die sich aus dem Orchester heraus gebildet und wieder getrennt haben (von den Dirigenten teils gefördert, teils beargwöhnt). Er berichtet von den Höhepunkten ihrer Konzerte, widmet auch der regelmäßigen Mitwirkung in Kirchenkonzerten breiten Raum. Die auf den ersten Blick nur aufzählend wirkende Beschreibung hat mehr als einen bloß chronistischen Sinn: Sie zeigt die Ausstrahlung eines Orchesters auf das Musikleben der Stadt.
Das Engagement von Orchestermusikern in festen oder wechselnden Ensembles ist ausschließlich persönlichen Neigungen zu verdanken. Ohne dieses letztlich freiwillige Spiel würde man wohl nie eine Violinsonate von Ethel Smyth, ein Divertissement für Oboe, Klarinette und Fagott von Jean Francaix oder gleich eine ganze Reihe von Kammermusikwerken von Charles Koechlin hören - um nur einige Beispiele aus den vergangenen Jahren zu nennen. Auch die Scheu vor Bearbeitungen gilt hier nicht, sonst wäre Mozarts Ave verum wohl nie von vier Kontrabassisten zelebriert worden und ebenso wenig Ravels Pavane pour une infante defunte, arrangiert für Flöte, Vibrafon und Marimba.
Am Ende des Festbandes steht eine vom Cellisten Manfred Schumann zusammengestellte namentliche Aufzählung der Besetzung des Orchesters anhand 19 ausgewählter Stationen seiner Geschichte." (Johannes Mundry in: Das Orchester 2002)
500 Jahre Orchesterkultur in Kassel 1502 - 2002
Hartmut Broszinski
"Fahren Sie in dieser Weise fort..."
Zum Engagement der Orchestermusiker in der Kasseler Kirchen- und Kammermusik
Hartmut Broszinski
Konzertprogramme der Orchestermusiker in der Kasseler Kirchen- und Kammermusik
Manfred Schumann
Von der Hofkapelle zum Staatsorchester - Eine Auswahl der Orchesterbesetzungen
Autorenvitae
Zahlreiche Institutionen und Einrichtungen nahmen in dieser Region Einfluß und trugen zum Profil der Region bei. Der politische und wirtschaftliche Wandel hat sie meist abgelöst oder transformiert, so daß eine historische Kontinuität kaum noch ablesbar ist. Anders die Geschichte des Orchesters des Staatstheaters in Kassel, das sich im Jahre 2002 auf eine 500-jährige Tradition berufen kann. Eine Tradition, die bis auf den heutigen Tag als Geschichte mit stets wachsender Bedeutung erzählt werden kann.
Hans Joachim Schaefer, der in den vergangenen Jahrzehnten das Kasseler Theater gestaltend begleitete, hat sich von den Mitgliedern des Orchesters und seinen Freunden in die Pflicht nehmen lassen. Eine seiner bereits im Jahr 1977 erschienenen Schriften „475 Jahre Orchester in Kassel“, hat er überarbeitet, ergänzt und bis zur Theatersaison 2000/2001 fortgeschrieben. Seine Kenntnis der Quellen und seine Leidenschaft für das Theater-Orchester vermögen es, den gesamten Prospekt der Geschichte des Orchesters heute vor uns auszubreiten. Wir halten mit seinem Beitrag eine Theater- und Musikgeschichte Kassels in Händen.
Was es für eine Stadt und eine Region bedeutet, wenn ein Orchester diesen Ranges hier arbeitet, zeigt uns Hartmut Broszinski: Musiker sind unermüdlich und leidenschaftlich für ihre Kunst. Kammermusikalische Ensembles von und mit Musikern des Staatstheaters, die Mitwirkung der Musiker bei den Kasseler Kantoreien und Kasseler Musikfestivals belegen in der Fülle des Dargestellten, daß die Musikkultur unserer Stadt ohne dieses Orchester nicht vorstellbar wäre. Hartmut Broszinski verdeutlicht mit seinem Beitrag, daß unser Engagement pro Orchester letztlich eine Entscheidung für die Kulturstadt Kassel mit einschließt.
Diesem Buch beigegeben ist eine Darstellung von Musikerinnen und Musikern, die im Orchester und am Pult in den letzten 500 Jahren gewirkt haben. Manfred Schumann, Mitglied des Orchestervorstandes, hat diese mühevolle Arbeit unternommen. Damit werden Grundlagen für eine Sozialgeschichte der Musik der Stadt Kassel gelegt.
Dieses Buch erscheint in der Reihe „Die Region trifft sich – die Region erinnert sich“. Durch die Ausbreitung der reichen musikalischen Vergangenheit soll es den Weg unserer Region auf einem soliden historischen Fundament sichern helfen.
Klaus Lukas
Vorsitzender des Vorstandes
der Kasseler Sparkasse
Hans Krollmann
Vorsitzender
Bürger pro A
"Fahren Sie in dieser Weise fort ..."
Zum Engagement der Orchestermusiker in der Kasseler Kirchen- und Kammermusik
Ein Kammerkonzert ist etwas für Insider. Man geht nicht hin, weil man hingeht, es fehlt der gleichsam gesellschaftliche Glanz eines Sinfoniekonzertes, die Reize haben intimeren Charakter. Ist das der Grund für das Ausbleiben der Jugend? Hörer unter 30 Jahren kommen so gut wie nie zu den Kammerkonzerten, auch nicht solche, die ein Instrument spielen. Wird sich das ändern, wenn sie älter werden und der unsägliche Radau, der ihnen als Musik verkauft wird, seine Gewalt verliert? Oder bleiben sie taub für die feineren Töne? Doch seien wir vorsichtig mit Prognosen, schon Aristoteles malte vor 2350 Jahren angesichts der Jugend seiner Zeit ein rabenschwarzes Bild von der Zukunft. Vielleicht muß man nur die Methode ändern, etwa indem gelegentlich das Konzert in die Schule kommt, statt daß man im Konzert auf die Schüler wartet. Andernorts wird dies mit gutem Erfolg praktiziert. Aber das zu organisieren, kann nicht Aufgabe der Musiker sein. Ihr Angebot ist eine Sache, mit diesem Pfund zu wuchern eine andere. Halten wir es mit Herbert Gericks Wörterbuch der Musik, München 1983, der unter dem Lemma "Kammermusiker" schreibt: "auszeichnender Titel für Orchestermusiker."
Zum Schluß ein Wort über den Charakter der folgenden Texte: Es war nicht beabsichtigt, eine wissenschaftliche Abhandlung zu schreiben, auch keinen Kammer- oder Kirchenmusikführer, schon gar nicht eine Ansammlung von Konzertkritiken. Es ging vielmehr darum, die Beobachtungen und Reflexionen eines interessierten Hörers zu notieren, also eines Vertreters jener Zielgruppe, für welche die Konzerte schließlich da sind. Daß es dabei gelegentlich recht subjektiv zugeht, liegt auf der Hand. Aber schließlich: Subjektiv sind die Komponisten, subjektiv sind auch die Interpreten, subjektiv alle Kritiker, warum also sollten Konzertbesucher nicht auch subjektiv sein dürfen?
Kirchenmusik in Kassel
Wo Kirchen stehen, ist Musik zu Hause. Amtlich vorgeschrieben ist sie. Das war schon immer so, auch in Kassel. Was in Residenzstädten über die gleichsam paläolithische musikalische Urschicht, in die sich der Geistliche vorne und die Gemeinde im Kirchenrund teilten, hinausging, stand im Belieben des Landesherrn. Es gehörte zum fürstlichen Ornat, nicht nur die irdischen Mahlzeiten daheim im Schloß, sondern auch die geistlichen in der Kirche oder der Schloßkapelle mit Musik zu würzen. War der Mann musikalisch, dann fiel es prächtig aus, dann versahen oft Komponisten von Rang sowie versierte Vokalisten und Instrumentalisten diesen Dienst; waren sie's nicht, wie etwa Landgraf Wilhelm IX. (1785-1807 und, nach dem Jérôme-Zwischenspiel, von 1814-1821), seit 1803 Kurfürst Wilhelm I., oder wie Kurfürst Friedrich Wilhelm (reg. 1831-1866), dann wich staatlich alimentierte Musik, ob weltlich oder geistlich, der privaten Initiative. Musikalische Gesellschaften - 1766 gründete der Professor am Collegium Carolinum, Johann Konrad Engelbronner, eine "Musicalische Gesellschaft" - und der Chor des Schullehrerseminars sangen auf Anordnung des Landgrafen seit 1788 in Oper und Kirche, übrigens gewiß nicht zum Nachteil der Musikfreunde. Und was der stockunmusikalische, autoritäre Wilhelm nun wirklich nicht beabsichtigt hatte, das stellte sich auch dank dieser Maßnahme so nebenbei ein: Das Aufkommen jener bürgerlichen Musikkultur, die dann im 19. Jahrhundert, nicht zuletzt kräftig gefördert durch den rastlos tätigen Louis Spohr, bis auf den heutigen Tag eine der schönsten Perlen im Diadem der Kasseler Kulturszene ist. Wie armselig es unter Wilhelm mit der offiziellen Kirchenmusik aussah, zeigt das Programm des Festgottesdienstes vom 3. Mai 1803 in der Martinskirche, durch welchen sich der zum Kurfürsten erhobene Landgraf himmlischer Weihen zu versehen trachtete: Es wurde u.a. eine Festmusik für Chor und großes Orchester aufgeführt, die der wackere Johannes Becker (1729-1804), Hof- und Stadtorganist sowie seit 1800 Musikdirektor in Kassel, im Auftrag komponiert hatte. Als im Frühjahr 2001 die mit der Planung der Feierlichkeiten zum 500-jährigen Jubiläum des Staatstheaterorchesters Beauftragten Noten für den Festgottesdienst in der Martinskirche am 11. November 2001 sichteten, kam ihnen auch jenes Elaborat in die Hände. Wie schön das paßt, dachte man erfreut. 500 Jahre Orchester und zugleich (fast) 200 Jahre seit jener Aufführung in der Martinskirche! Eine Spielprobe brachte das ganze Elend ans Licht: Wenn das Stück dem neugebackenen Kurfürsten genügt hatte, muß es schlimm um seinen musikalischen Geschmack bestellt gewesen sein. Nun ruht Johannes Beckers Jubelmusik wieder im Schoße der Kasseler Handschriftensammlung.
Rezensionen
"ORCHESTER-DOKUMENTATION: Ein halbes Jahrtausend städtische MusikkulturDas Kasseler Orchester feiert in dieser Spielzeit sein 500-jähriges Bestehen. Das ist zum einen rekordverdächtig in Deutschland, zum anderen verbirgt sich dahinter auch ein halbes Jahrtausend wechselvoller, hoch ambitionierter städtischer Kulturgeschichte.
Beides, die Geschichte des mutmaßlich ältesten instrumentalen Klangkörpers in Deutschland wie auch die damit eng verbundene Entwicklung der städtischen Musikkultur, findet sich in dem Band "500 Jahre Orchesterkultur in Kassel" gespiegelt, der jetzt in Autoren-Teamarbeit und mit Unterstützung der Kasseler Sparkasse im euregioverlag erschienen ist.
Von den ersten dokumentarischen Erwähnungen der landgräflichen Hofkapelle im Jahre 1502 bis zum modernen Sinfonieorchester zu Beginn des 21. Jahrhunderts zeichnet der langjährige Chefdramaturg des Staatstheaters, Dr. Hans Joachim Schaefer, im ersten Teil die wechselvolle Geschichte der Kasseler Musikinstitution und legt dabei einen Schwerpunkt auf die Jahrzehnte nach dem 2. Weltkrieg. Es ist die Zeit, als das Staatstheater Kassel mit bedeutenden Inszenierungen (von Melchinger bis Mussbach) und großen Dirigenten (von Christoph von Dohnanyi über Gerd Albrecht bis Adam Fischer) von sich reden macht. Doch was sich in der Rückschau als beeindruckende Bilanz städtischer Musikkultur liest, wird auch in seiner Labilität gezeigt, stets von Kürzungswellen bedroht.
Hans Krollmann, der als Vorsitzender des Vereins "Bürger Pro A" wesentlichen Anteil daran hat, dass dem Orchester in den 90er-Jahren der A-Status erhalten blieb, war denn auch der Initiator des Buches, das neben der eigentlichen Geschichte des Orchesters auch dessen Bedeutung für das gesamte städtische Musikleben anschaulich macht.
Kaum ein anderes Orchester hat so viele Kammermusikformationen hervorgebracht wie das Kasseler, und das ausgeprägte Engagement von Orchestermusikern in der Kammermusik, aber auch in der Kirchenmusik, hat Prof. Dr. Hartmut Broszinski in zwei ausführlichen und reich illustrierten Beiträgen dokumentiert. Manfred Schumann, Cellist des Staatsorchesters, hat darüber hinaus Besetzungslisten des Orchesters aus verschiedenen Zeiten zusammengetragen, die nicht nur die jeweilige Ensemblestärke, sondern auch das sich entwickelnde Instrumentarium widerspiegeln und wertvolle Hinweise auf die jeweiligen Aufführungsspraktiken geben. Wer sich für die Kasseler Orchestergeschichte interessiert, findet in dem von Karl Oskar Blase gestalteten Band reiches Material, bei dessen Erschließung allerdings ein Register gute Dienste geleistet hätte." (Werner Fritsch in der HNA vom 22.12.2001)
"Kaum ein Fest ohne Festschrift. So auch beim Jubiläum des Kasseler Orchesters. Ein üppiges Buch ist es geworden, das freilich gar nicht erst den Anspruch erhebt in toto darzustellen, was Orchesterkultur in einer mittleren deutschen Großstadt war und ist. Natürlich steht am Anfang der Blick zurück. Nicht weniger als 80 Seiten wurden eingeräumt, um nacherzählend aus den Anfängen der Kasseler Orchesterhistorie bis in die Gegenwart zu führen. Wer könnte so etwas besser als Hans Joachim Schaefer, der schreibt, als habe er das Orchester die ganzen 500 Jahre begleitet und nicht nur 39 Jahre als Dramaturg und Chefdramaturg. Aus seiner Beschreibung spricht ein unglaublicher Kenntnisreichtum, der den Artikel, der gut und gerne auch ein Taschenbuch füllen würde, auf lange Zeit zum Standard machen wird.
Im zweiten Beitrag erzählt Hartmut Broszinski das Auf und Ab der Kammermusikensembles, die sich aus dem Orchester heraus gebildet und wieder getrennt haben (von den Dirigenten teils gefördert, teils beargwöhnt). Er berichtet von den Höhepunkten ihrer Konzerte, widmet auch der regelmäßigen Mitwirkung in Kirchenkonzerten breiten Raum. Die auf den ersten Blick nur aufzählend wirkende Beschreibung hat mehr als einen bloß chronistischen Sinn: Sie zeigt die Ausstrahlung eines Orchesters auf das Musikleben der Stadt.
Das Engagement von Orchestermusikern in festen oder wechselnden Ensembles ist ausschließlich persönlichen Neigungen zu verdanken. Ohne dieses letztlich freiwillige Spiel würde man wohl nie eine Violinsonate von Ethel Smyth, ein Divertissement für Oboe, Klarinette und Fagott von Jean Francaix oder gleich eine ganze Reihe von Kammermusikwerken von Charles Koechlin hören - um nur einige Beispiele aus den vergangenen Jahren zu nennen. Auch die Scheu vor Bearbeitungen gilt hier nicht, sonst wäre Mozarts Ave verum wohl nie von vier Kontrabassisten zelebriert worden und ebenso wenig Ravels Pavane pour une infante defunte, arrangiert für Flöte, Vibrafon und Marimba.
Am Ende des Festbandes steht eine vom Cellisten Manfred Schumann zusammengestellte namentliche Aufzählung der Besetzung des Orchesters anhand 19 ausgewählter Stationen seiner Geschichte." (Johannes Mundry in: Das Orchester 2002)
Mehr Infos
Hans Joachim Schaefer erzählt in farbigen Worten, mit genauer Quellenkenntnis und einer Leidenschaft für das Theaterorchester anschaulich die Geschichte des Kasseler Orchesters von der einstigen Hofkapelle bis heute. Im 2. Teil schildert Hartmut Broszinski auf witzige und sehr persönliche Art das Engagement der Orchestermusiker in der Kasseler Kirchen- und Kammermusik. Ausführliche Konzertprogramme 1960 bis heute ergänzen die Texte. Abschließend werden von Manfred Schumann beispielhaft die Musikerinnen und Musiker gelistet, die vom 16. Jahrhundert bis heute im Orchester und am Pult mitgewirkt haben.
Inhalt
Hans Joachim Schaefer500 Jahre Orchesterkultur in Kassel 1502 - 2002
Hartmut Broszinski
"Fahren Sie in dieser Weise fort..."
Zum Engagement der Orchestermusiker in der Kasseler Kirchen- und Kammermusik
Hartmut Broszinski
Konzertprogramme der Orchestermusiker in der Kasseler Kirchen- und Kammermusik
Manfred Schumann
Von der Hofkapelle zum Staatsorchester - Eine Auswahl der Orchesterbesetzungen
Autorenvitae
Vorwort
Cassel als landgräfliche, später kurhessische Residenzstadt und seit 1866 preußische Provinzhauptstadt, hat die gesamte Region geprägt. Dies änderte sich auch nicht nach dem Jahre 1918 in der Weimarer Republik und nach 1945 in der Bundesrepublik. Umgekehrt lebte die Stadt Kassel auch immer von der Region und konnte sich in einer kulturellen wie auch wirtschaftlichen Symbiose entfalten.Zahlreiche Institutionen und Einrichtungen nahmen in dieser Region Einfluß und trugen zum Profil der Region bei. Der politische und wirtschaftliche Wandel hat sie meist abgelöst oder transformiert, so daß eine historische Kontinuität kaum noch ablesbar ist. Anders die Geschichte des Orchesters des Staatstheaters in Kassel, das sich im Jahre 2002 auf eine 500-jährige Tradition berufen kann. Eine Tradition, die bis auf den heutigen Tag als Geschichte mit stets wachsender Bedeutung erzählt werden kann.
Hans Joachim Schaefer, der in den vergangenen Jahrzehnten das Kasseler Theater gestaltend begleitete, hat sich von den Mitgliedern des Orchesters und seinen Freunden in die Pflicht nehmen lassen. Eine seiner bereits im Jahr 1977 erschienenen Schriften „475 Jahre Orchester in Kassel“, hat er überarbeitet, ergänzt und bis zur Theatersaison 2000/2001 fortgeschrieben. Seine Kenntnis der Quellen und seine Leidenschaft für das Theater-Orchester vermögen es, den gesamten Prospekt der Geschichte des Orchesters heute vor uns auszubreiten. Wir halten mit seinem Beitrag eine Theater- und Musikgeschichte Kassels in Händen.
Was es für eine Stadt und eine Region bedeutet, wenn ein Orchester diesen Ranges hier arbeitet, zeigt uns Hartmut Broszinski: Musiker sind unermüdlich und leidenschaftlich für ihre Kunst. Kammermusikalische Ensembles von und mit Musikern des Staatstheaters, die Mitwirkung der Musiker bei den Kasseler Kantoreien und Kasseler Musikfestivals belegen in der Fülle des Dargestellten, daß die Musikkultur unserer Stadt ohne dieses Orchester nicht vorstellbar wäre. Hartmut Broszinski verdeutlicht mit seinem Beitrag, daß unser Engagement pro Orchester letztlich eine Entscheidung für die Kulturstadt Kassel mit einschließt.
Diesem Buch beigegeben ist eine Darstellung von Musikerinnen und Musikern, die im Orchester und am Pult in den letzten 500 Jahren gewirkt haben. Manfred Schumann, Mitglied des Orchestervorstandes, hat diese mühevolle Arbeit unternommen. Damit werden Grundlagen für eine Sozialgeschichte der Musik der Stadt Kassel gelegt.
Dieses Buch erscheint in der Reihe „Die Region trifft sich – die Region erinnert sich“. Durch die Ausbreitung der reichen musikalischen Vergangenheit soll es den Weg unserer Region auf einem soliden historischen Fundament sichern helfen.
Klaus Lukas
Vorsitzender des Vorstandes
der Kasseler Sparkasse
Hans Krollmann
Vorsitzender
Bürger pro A
Leseproben
Hartmut Broszinski"Fahren Sie in dieser Weise fort ..."
Zum Engagement der Orchestermusiker in der Kasseler Kirchen- und Kammermusik
Ein Kammerkonzert ist etwas für Insider. Man geht nicht hin, weil man hingeht, es fehlt der gleichsam gesellschaftliche Glanz eines Sinfoniekonzertes, die Reize haben intimeren Charakter. Ist das der Grund für das Ausbleiben der Jugend? Hörer unter 30 Jahren kommen so gut wie nie zu den Kammerkonzerten, auch nicht solche, die ein Instrument spielen. Wird sich das ändern, wenn sie älter werden und der unsägliche Radau, der ihnen als Musik verkauft wird, seine Gewalt verliert? Oder bleiben sie taub für die feineren Töne? Doch seien wir vorsichtig mit Prognosen, schon Aristoteles malte vor 2350 Jahren angesichts der Jugend seiner Zeit ein rabenschwarzes Bild von der Zukunft. Vielleicht muß man nur die Methode ändern, etwa indem gelegentlich das Konzert in die Schule kommt, statt daß man im Konzert auf die Schüler wartet. Andernorts wird dies mit gutem Erfolg praktiziert. Aber das zu organisieren, kann nicht Aufgabe der Musiker sein. Ihr Angebot ist eine Sache, mit diesem Pfund zu wuchern eine andere. Halten wir es mit Herbert Gericks Wörterbuch der Musik, München 1983, der unter dem Lemma "Kammermusiker" schreibt: "auszeichnender Titel für Orchestermusiker."
Zum Schluß ein Wort über den Charakter der folgenden Texte: Es war nicht beabsichtigt, eine wissenschaftliche Abhandlung zu schreiben, auch keinen Kammer- oder Kirchenmusikführer, schon gar nicht eine Ansammlung von Konzertkritiken. Es ging vielmehr darum, die Beobachtungen und Reflexionen eines interessierten Hörers zu notieren, also eines Vertreters jener Zielgruppe, für welche die Konzerte schließlich da sind. Daß es dabei gelegentlich recht subjektiv zugeht, liegt auf der Hand. Aber schließlich: Subjektiv sind die Komponisten, subjektiv sind auch die Interpreten, subjektiv alle Kritiker, warum also sollten Konzertbesucher nicht auch subjektiv sein dürfen?
Kirchenmusik in Kassel
Wo Kirchen stehen, ist Musik zu Hause. Amtlich vorgeschrieben ist sie. Das war schon immer so, auch in Kassel. Was in Residenzstädten über die gleichsam paläolithische musikalische Urschicht, in die sich der Geistliche vorne und die Gemeinde im Kirchenrund teilten, hinausging, stand im Belieben des Landesherrn. Es gehörte zum fürstlichen Ornat, nicht nur die irdischen Mahlzeiten daheim im Schloß, sondern auch die geistlichen in der Kirche oder der Schloßkapelle mit Musik zu würzen. War der Mann musikalisch, dann fiel es prächtig aus, dann versahen oft Komponisten von Rang sowie versierte Vokalisten und Instrumentalisten diesen Dienst; waren sie's nicht, wie etwa Landgraf Wilhelm IX. (1785-1807 und, nach dem Jérôme-Zwischenspiel, von 1814-1821), seit 1803 Kurfürst Wilhelm I., oder wie Kurfürst Friedrich Wilhelm (reg. 1831-1866), dann wich staatlich alimentierte Musik, ob weltlich oder geistlich, der privaten Initiative. Musikalische Gesellschaften - 1766 gründete der Professor am Collegium Carolinum, Johann Konrad Engelbronner, eine "Musicalische Gesellschaft" - und der Chor des Schullehrerseminars sangen auf Anordnung des Landgrafen seit 1788 in Oper und Kirche, übrigens gewiß nicht zum Nachteil der Musikfreunde. Und was der stockunmusikalische, autoritäre Wilhelm nun wirklich nicht beabsichtigt hatte, das stellte sich auch dank dieser Maßnahme so nebenbei ein: Das Aufkommen jener bürgerlichen Musikkultur, die dann im 19. Jahrhundert, nicht zuletzt kräftig gefördert durch den rastlos tätigen Louis Spohr, bis auf den heutigen Tag eine der schönsten Perlen im Diadem der Kasseler Kulturszene ist. Wie armselig es unter Wilhelm mit der offiziellen Kirchenmusik aussah, zeigt das Programm des Festgottesdienstes vom 3. Mai 1803 in der Martinskirche, durch welchen sich der zum Kurfürsten erhobene Landgraf himmlischer Weihen zu versehen trachtete: Es wurde u.a. eine Festmusik für Chor und großes Orchester aufgeführt, die der wackere Johannes Becker (1729-1804), Hof- und Stadtorganist sowie seit 1800 Musikdirektor in Kassel, im Auftrag komponiert hatte. Als im Frühjahr 2001 die mit der Planung der Feierlichkeiten zum 500-jährigen Jubiläum des Staatstheaterorchesters Beauftragten Noten für den Festgottesdienst in der Martinskirche am 11. November 2001 sichteten, kam ihnen auch jenes Elaborat in die Hände. Wie schön das paßt, dachte man erfreut. 500 Jahre Orchester und zugleich (fast) 200 Jahre seit jener Aufführung in der Martinskirche! Eine Spielprobe brachte das ganze Elend ans Licht: Wenn das Stück dem neugebackenen Kurfürsten genügt hatte, muß es schlimm um seinen musikalischen Geschmack bestellt gewesen sein. Nun ruht Johannes Beckers Jubelmusik wieder im Schoße der Kasseler Handschriftensammlung.