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Schulz-Jander, Eva und Schmied-Kowarzik, Wolfdietrich
Franz Rosenzweig
Religionsphilosoph aus Kassel



Hg. von Eva Schulz-Jander und Wolfdietrich Schmied-Kowarzik



Mit Beiträgen von Ursula Hava Rosenzweig, Myriam Bienenstock, Josiah Simon und Jules Simon, Wolfdietrich Schmied-Kowarzik, Inken Rühle, Reinhold Mayer, Regina Burkhardt-Riedmiller, Ephraim Meir, Benyamin Maoz, Stefan Schreiner, Micha Brumlik, Eva Schulz-Jander



euregioverlag 2011

ISBN: 978-3-933617-47-7



Der vorliegende Band widmet sich Leben und Wirken von Franz Rosenzweig (1886–1929), dieses großen Sohns der Stadt Kassel, dessen philosophische Hauptschrift Der Stern der Erlösung weltweit als eines der herausragendsten religionsphilosophischen Grundlegungen des 20. Jahrhunderts anerkannt wird.



Preis: 20.00 €
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Rezensionen
„In einer bibliophilen, außergewöhnlich sorgfältig edierten Ausgabe haben zwei Kasseler den vorliegenden Sammelband veröffentlicht. In den gut lesbaren Beiträgen wird das facettenreiche, allzu kurze, aber wirkungsgeschichtlich bedeutende Leben Rosenzweigs als wichtiger Religionsphilosoph, Historiker und Pädagoge lebendig. Für die deutsch-jüdische Geschichte, für das Verständnis des deutschen Idealismus und der dialogischen Philosophie und Theologie, ist Franz Rosenzweig ein bedeutender Impulsgeber gewesen. Der christlich-jüdische Dialog ist ohne ihn und Martin Buber nicht zu denken.

Das vorliegende Buch ist für alle an den genannten Aspekten Interessierte als Lektüre zu empfehlen, damit die Berufung auf sie mit Leben erfüllt wird. Dies leistet das Buch auch mit den zahlreichen Zitaten und

weiterführenden Quellenhinweisen in hervorragender Weise, zumal es erstaunlicherweise bis heute keine Biographie über Franz Rosenzweig gibt.“

(Hubert Frankemölle im Freiburger Rundbrief)
Mehr Infos
In zwölf reich bebilderten Beiträgen von Myriam Bienenstock, Micha Brumlik, Regina Burkhardt-Riedmiller, Benyamin Maoz, Reinhold Mayer, Ephraim Meir, Ursula Rosenzweig, Inken Rühle, Wolfdietrich Schmied-Kowarzik, Stefan Schreiner, Eva Schulz-Jander, Josiah und Jules Simon wird das Schaffen Rosenzweigs facettenreich aufgefächert. Sie gehen auf die Geschichte der Familie Rosenzweig in Kassel ein, berichten von der Entstehung seines Hauptwerks Der Stern der Erlösung an der Balkanfront in den letzten Tagen des Ersten Weltkriegs, beleuchten die Liebesbeziehung zu Margrit Rosenstock-Huessy, der jungen Frau seines Freundes Eugen Rosenstock und schildern die letzten sieben Jahre seiner totalen Lähmungserkrankung.

Doch im Zentrum stehen seine bedeutenden, bis heute wirksamen impulsgebenden Werke: die aus der Kritik des deutschen Idealismus erwachsene Grundlegung eines neuen philosophischen Denkens, seine Bildungstheorie und ihre praktische Umsetzung im Freien Jüdischen Lehrhaus in Frankfurt am Main, seine mit Martin Buber begonnene Verdeutschung der Schrift, seine Neubestimmung des Judeseins in der Moderne und schließlich seine Vision einer gegenseitigen Anerkennung von Juden und Christen in ihren bleibenden Glaubensdifferenzen.

Inhalt
Vorwort

Ingo Buchholz



Einleitung

Eva Schulz-Jander und Wolfdietrich Schmied-Kowarzik



Herkunft und Verwurzelung der Familie Rosenzweig in Kassel

Ursula Hava Rosenzweig



Franz Rosenzweig und sein „neues Denken“ – Eine Einführung

Myriam Bienenstock



Hegel und der Staat

Josiah Simon und Jules Simon



Der Stern der Erlösung

Wolfdietrich Schmied-Kowarzik



Der jüdisch-christliche Dialog in der Sicht Franz Rosenzweigs

Inken Rühle



Die Gritli-Briefe

Reinhold Mayer



Rosenzweigs Weg zur (jüdischen) Bildungsarbeit

Regina Burkhardt-Riedmiller



Das Freie Jüdische Lehrhaus in Frankfurt am Main

Ephraim Meir



Franz Rosenzweigs Krankheit

Benyamin Maoz



Martin Buber, Franz Rosenzweig und Die Verdeutschung der Schrift

Stefan Schreiner



Jüdische Erwählung, jüdisches Volk – Eine Spur von Franz Rosenzweig zu Emmanuel Levinas

Micha Brumlik



Rosenzweigs Fortwirken in Kassel

Eva Schulz-Jander





Anhang





Lebensdaten von Franz Rosenzweig



Stammtafel Ehrenberg und Rosenzweig



Stammtafel Alsberg



Siglen der Schriften von Franz Rosenzweig



Literaturverzeichnis



Autorinnen und Autoren



Bildnachweis



Vorwort
Jüdische Bürgerinnen und Bürger waren bis zur nationalsozialistischen Machtergreifung ein selbstverständlicher Teil der Kasseler Stadtgesellschaft. Sie leisteten einen bedeutenden Beitrag zum sozialen, kulturellen, wirtschaftlichen und politischen Leben Kassels.

Franz Rosenzweig, Religionsphilosoph, Historiker und Pädagoge, gehört zu den großen Persönlichkeiten unserer Stadt. Er wurde als Sohn von Adele und Georg Rosenzweig 1886 geboren. Die Familie Rosenzweig lebte bereits seit Beginn des 19. Jahrhunderts in Kassel und zählte mit ihrem Farben- und Lackbetrieb zu den wohlhabenden und angesehenen Bürgerfamilien der Stadt. Dem emanzipierten, liberalen Judentum angehörend, war sie ganz in die moderne bürgerliche Welt integriert. Georg Rosenzweig engagierte sich nicht nur in der jüdischen Gemeinde, sondern auch politisch als Stadtverordneter. Die Familie wohnte zunächst in der Unteren Königsstraße 58, wo sich auch der Farben- und Lackbetrieb befand, und später an der Terrasse 1 in einer Villa, die noch heute zu sehen ist.

Nach seinem Abitur auf dem Friedrichsgymnasium studierte Franz Rosenzweig Medizin, Geschichte und Philosophie. Wer sich heute mit Philosophie, insbesondere mit Religionsphilosophie beschäftigt, stößt unweigerlich auf die Werke von Franz Rosenzweig. Neben seiner Dissertation mit dem Titel „Hegel und der Staat“ ist sein wichtigstes Buch „Der Stern der Erlösung“, das weltweit als ein herausragendes religionsphilosophisches Hauptwerk anerkannt ist.

Das war nicht immer so, wie Dr. Eva Schulz-Jander in den Eingangssätzen ihres Artikels über Rosenzweigs Wirken in Kassel beschreibt: „Rosenzweig begegnete mir nicht im Text, sondern im Stein.“ Mitte der siebziger Jahre, sie war gerade nach Kassel gezogen, fiel ihr in der Grünanlage vor der Volkshochschule in der Wilhelmshöher Allee ein kleines Blumenbeet mit einem aufragenden Stein dahinter auf. Die Inschrift „Rosenzweig-Anlage benannt nach dem Religionsphilosophen Franz Rosenzweig geboren in Kassel am 25.12.1886 gestorben in Frankfurt am Main am 10.12.1929“ machte sie neugierig: „Kein Grabstein, sondern ein Gedenkstein. …Von diesem in sich gebrochenen Findling ging eine doppelte Botschaft aus, unwillkürlich dachte ich an die Vertreibung und Ermordung der Juden, aber fast gleichzeitig auch daran, dass diese Stadt einen ihrer jüdischen Bürger ehren und vor dem Vergessen bewahren, vielleicht sogar einen schmalen Steg über dem Abgrund bauen möchte. Aber wer war Franz Rosenzweig?“ Wie vielen anderen war auch Dr. Schulz-Jander der Name Rosenzweig unter den jüdischen Philosophen unbekannt – obwohl sie Philosophie studiert hatte. Der damalige Leiter der Volkshochschule wusste jedoch Bescheid, berichtet Dr. Schulz-Jander und stellt fest: „Dank seiner Erklärungen entfaltete sich mir eine neue Welt“. Diese neue Welt wird sich auch den Lesern dieses Sammelbandes eröffnen. Mit dem 33. Band unserer Reihe „Die Region trifft sich – die Region erinnert sich“ zeigen wir einmal mehr, welch außerordentliche Persönlichkeiten unsere Region hervorgebracht hat.

Dr. Eva Schulz-Jander und Prof. Dr. Wolfdietrich Schmied-Kowarzik danke ich für ihre herausgeberische Leistung. Gemeinsam mit zwölf renommierten Autorinnen und Autoren aus fünf Ländern ist es ihnen gelungen, das Leben und Wirken von Franz Rosenzweig in beeindruckender Weise darzustellen. Das Interesse an diesem Buch dürfte nicht nur in unserer Region, sondern auch national wie international groß sein.



Ingo Buchholz

Vorstandsvorsitzender der Kasseler Sparkasse

Leseproben
Auszug aus: Rosenzweigs Fortwirken in Kassel

Eva Schulz-Jander



Begegnung mit Franz Rosenzweig



Rosenzweig begegnete mir nicht im Text, sondern im Stein. Gerade erst nach Kassel gezogen im Jahr 1976, ging ich eines Morgens über die Grünanlage vor der Volkshochschule, als mir ein kleines Blumenbeet mit einem aufragenden Stein dahinter auffiel. Was ist denn das? Ein Grabstein? Ich ging näher heran und las die Inschrift: „Rosenzweig-Anlage benannt nach dem Religionsphilosophen Franz Rosenzweig geboren in Kassel am 25.12.1886 gestorben in Frankfurt am Main am 10.12.1929“. Kein Grabstein, sondern ein Gedenkstein. Eine solche Stätte hatte ich in Deutschland noch nicht gesehen. Von diesem in sich gebrochenen Findling ging eine doppelte Botschaft aus, unwillkürlich dachte ich an die Vertreibung und Ermordung der Juden, aber fast gleichzeitig auch daran, dass diese Stadt einen ihrer jüdischen Bürger ehren und vor dem Vergessen bewahren, vielleicht sogar einen schmalen Steg über dem Abgrund bauen möchte. Aber wer war Franz Rosenzweig? Obwohl ich auch Philosophie studiert hatte, war mir sein Name unter den jüdischen Philosophen unbekannt. Ich ging hinein in die Volkshochschule und erkundigte mich bei dem Leiter. Dank seiner Erklärungen entfaltete sich mir eine neue Welt.

Die Franz-Rosenzweig-Anlage mit dem Gedenkstein wurde an einem Freitag, dem 10. Juli 1970 bei einer Gedenkstunde im Hermann-Schafft-Haus eingeweiht. Dieser Feierstunde ging jedoch ein Beschluss des Magistrats Ende der 1960er Jahre voraus, der besagte, dass das Vorgelände der beiden Weiterbildungsstätten, – der Volkshochschule und des Hermann-Schafft-Hauses – Franz-Rosenzweig-Anlage genannt werden soll. Es war mein Vorgänger, der damalige Geschäftsführer der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, Dr. Wolfgang Hallwachs, der Oberbürgermeister Karl Branner auf die Bedeutung von Franz Rosenzweig für die Philosophie, und die der Familie Rosenzweig für die Stadt Kassel hinwies und damit den bereitwillig aufgenommenen Anstoß zu diesem Entschluss gab. In seiner Ansprache bei der Gedenkstunde im Hermann-Schafft-Haus sagte Oberbürgermeister Branner: „Die Stadt Kassel aber bekundet mit dieser Gedenkstätte ihren Dank für das Wirken nicht nur dieser jüdischen Familie und ihres bedeutenden Sohnes, sondern aller ihrer jüdischen Mitbürger in der Vergangenheit, das ebenso wenig vergessen werden soll wie das furchtbaren Geschehen, das sich nicht wiederholen darf. So symbolisiert der Findling, der von hilfreichen belgischen Pionieren aus dem Habichtswald hierher geschafft wurde, mitten in unserer Stadt ein Stück Vergangenheit, die wir bewältigen müssen. Möge er selbst dazu die Lebenden mahnen, möge sein Anblick die Erinnerung an den großen Vertreter deutsch-jüdischen Geistes, dessen Namen er trägt, und an sein verpflichtendes Erbe lebendig erhalten.“

Der Ort war gut gewählt. Die Anlage liegt zwischen der Wilhemshöher Allee, dem Haus Nummer 22, wo die Familie einige Jahre wohnte und dem „Rosenzweig Haus“, Terrasse 1; nur einen Steinwurf entfernt liegt das Friedrichsgymnasium, an dem Franz Rosenzweig 1905 sein Abitur machte. Eine Schnittstelle also zwischen einstiger Wohnung, dem späteren Elternhaus und Schule. Gleichzeitig befindet sich die Anlage zwischen zwei Weiterbildungsstätten und durch diese Lage knüpft sie eine Verbindung zu Rosenzweigs Konzept des Jüdischen Lehrhauses, als einer Stätte der Weiterbildung zugänglich für jeden ob mit oder ohne Examen oder Vorbildung. Diese neue Form der Erwachsenenbildung probierte Rosenzweig in Kassel aus. Wolfgang Hallwachs zitiert in seiner Ansprache zur Einweihung der Anlage folgenden Brief Rosenzweigs an Rudolf Hallo vom Dezember 1922: „In Kassel veranstaltete ich im Mai und Juni Generalprobe und machte ein ganzes Lehrhaus allein. Es war beinahe das Allerschönste“ . Nicht wenige Methoden der Lehrhausidee finden wir heute in der modernen Erwachsenenbildung wieder.

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